Meine Portrait und Antworten auf die Fragen des Hanauer Anzeigers
Frage Hanauer Anzeiger: Was sind für Sie die dringendsten Maßnahmen bei der Stadtentwicklung, die Sie angehen wollen?
Antwort: „Ich möchte eine Innenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität schaffen – grün gestaltet und mit einem attraktiven Angebot an Gastronomie und Geschäften. Der Verkauf der leerstehenden Sparkassen-/Post-Immobilie bietet die große Chance, neue Akzente zu setzen. Im engen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern will ich diesen zentralen Bereich wieder mit Leben füllen. Dabei sehe ich mich als Vermittler, der die Interessen der Menschen mit denen des neuen Eigentümers verbindet.“
Sehen Sie eine Zukunft fürs Erlenseer Hallenbad? Wie kann diese realisiert werden?
Ja, ich sehe eine Zukunft für das Erlenseer Hallenbad! Meine positive Haltung hat inzwischen auch viele Skeptiker überzeugt. Gemeinsam mit dem Förderverein möchte ich die nächsten Schritte bis zur Wiedereröffnung planen. Voraussetzung ist, dass alle sicherheitsrelevanten Mängel behoben und die Technik instandgesetzt wird. Mit einem genossenschaftlichen Betreibermodell möchte ich das Hallenbad dauerhaft sichern und wieder öffnen.
Wie kann die Verwaltung (gemeinsam mit der Politik) Anreize schaffen für die Ansiedlung von Handel und Gewerbe in der Innenstadt?
Mit einer gezielten Wirtschaftsförderung möchte ich die Ansiedlung von Handel und Gewerbe vorantreiben. Dabei denke ich insbesondere an die leerstehenden Geschäfte in unserer Stadt. Mit einem städtischen Förderprogramm will ich Gewerbetreibende und Start-ups nach Erlensee holen. Zudem möchte ich den ‚Erlensee-Sonntag‘ wiederbeleben, um Unternehmen eine Plattform zu geben und das lokale Angebot sichtbar zu machen.
Wie kann der defizitäre Haushalt saniert werden – wo wollen Sie sparen, wie Einnahmen generieren?
Zunächst will ich mir einen genauen Überblick über die tatsächliche Haushaltslage der Stadt verschaffen. Projekte werden kritisch geprüft, unnötige Kosten gestrichen. Dazu zählen überdimensionierte Straßenbauprojekte ebenso wie die Kostenexplosion der Rathaussanierung. Die Einnahmenseite möchte ich durch gezielte Wirtschaftsförderung stärken, die auch die bestehenden Gewerbetreibenden unterstützt. Eine weitere Erhöhung der Grundsteuer wird es mit mir nicht geben.
Erlensee ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen auf aktuell 16.000 Einwohner und wird weiterwachsen: Was tun Sie zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts?
Ich möchte neue Formen der Begegnung schaffen – erfolgreiche Beispiele aus Nachbarstädten können wir auch in Erlensee etablieren. Dazu gehören Feierabendmärkte mit kleinen Angeboten an Speisen und Getränken, bei denen Menschen unkompliziert zusammenkommen. Auch von Anwohnern organisierte Straßenfeste können das Miteinander stärken. In der ehemaligen Kita am Rathaus sehe ich großes Potenzial für einen zentralen Bürgertreff. Die Angebote des Bürgervereins zeigen bereits, wie lebendig das funktionieren kann.
Montag, 15. September 2025, Hanauer Anzeiger / Erlensee / Hammersbach
„Man muss Dinge mal wagen“
Grünen-Kandidat Reiner Bousonville im Porträt: Impulse für Stadtentwicklung

Erlensee – Bei Familie Bousonville dreht sich in diesen Tagen alles um den Apfel. Im Garten und drinnen leuchtet‘s rot und gelb aus Eimern und Kisten. „Hochzufrieden“ könne man mit der diesjährigen Ernte sein, freut sich Reiner Bousonville. Die Pflege der eigenen Streuobstwiesen in unmittelbarer Nähe zum Passivhaus im alten Ortskern von Langendiebach ist seine Leidenschaft. „Topas, Heuchelheimer Schneeapfel, Gravensteiner, Boskoop“: Heimische Sorten sind es, die ihm das ganze Jahr über – auch flüssigen – Genuss bescheren. Ein weiteres Hobby ist das Wandern. Etwa auf dem Fernwanderweg Spessartbogen, „da sieht man, wie man die Region voranbringen kann“. Das plant der 64-Jährige auch mit seiner Heimatstadt Erlensee: Neben Amtsinhaber Stefan Erb (SPD) und Jürgen Pfeiffer (AfD) ist das Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen einer der Kandidaten, die am 28. September zur Bürgermeisterwahl antreten.
„Dafür hatte ich eine persönliche Motivation“, berichtet der Erlenseer, der sich seit 1983 politisch engagiert, im Interview. Seit 35 Jahren gehört er dem Kreistag des Main-Kinzig-Kreises an, viele Jahre davon als Fraktionsvorsitzender der Grünen, derzeit im Vorstand. In Erlensee war er für einige Wahlperioden Teil der Gemeindevertretung, vor einem Jahr wurde er im Nachrückverfahren Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. Die Diskussionen in der Stadt um das geschlossene Hallenbad, die defizitären Erlenseer Kulturnächte und den teuren Rathausumbau hätten ihn veranlasst, aktiv zu werden, berichtet er. Rückhalt für die Kandidatur gab ihm das einstimmige Votum seiner Parteikollegen.
In vielen entscheidenden Bereichen der Stadt brauche es neue Impulse, sagt Bousonville. Beispiel Hallenbad: „Hier sieht man, wie man mit bürgerschaftlichem Engagement umgeht.“ Dem Förderverein mit 450 Unterstützern – darunter Mitglieder von TSGE und DLRG, der bestrebt sei, die Einrichtung wiederzueröffnen, seien anfangs von der Verwaltung nicht mal die Gutachten zur Verfügung gestellt und Zugang zum Bad gewährt worden. „Er ist aber der zentrale Hebel, um es wieder aufzuschließen.“ Mit einem tragfähigen Konzept und den technischen Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb sieht der Erlenseer durchaus eine Zukunft für das Bad.
Beispiel Baumaßnahme Rathaus: Angesichts der „Kostenexplosion“ fordert der Grünen-Kandidat eine Kurskorrektur, räumt aber ein: „Wir sind jetzt an einem Punkt, wo‘s schwierig wird.“ Die Stadt hätte schon viel früher zweigleisig fahren müssen, erläutert er, und hätte angesichts der Zahlenentwicklung neben dem Erhalt des Bestandsgebäudes Alternativen entwickeln müssen. Warum nicht das Interimsrathaus auf dem Fliegerhorst belassen und die Serviceabteilungen, derzeit im Hallenbad, in einem Neubau am jetzigen Rathausstandort unterbringen? „Zusammen mit einem Investor, der das Gebäude auch noch für Wohnungen nutzen kann.“
Aufenthaltsqualität des Zentrums steigern
Dies würde auch die Innenstadt beleben, meint Bousonville – eine weitere Aufgabe, die er sich auf die Fahne geschrieben hat: Mit Entsiegelung und mehr Grün, vor allem Bäumen, sowie Gastronomie die Aufenthaltsqualität steigern. Die Klimaschutzkonzepte, die das Parlament jüngst verabschiedet hat, müssten jetzt mit Leben gefüllt werden, das Prädikat allein nütze nichts. Gelungen sei die sukzessive Gestaltung des Limesparks. Was noch fehlt: „Bewirtung. Aber wir haben viele Vereine in Erlensee, die sich damit am Wochenende darstellen könnten.“ Die zunehmende Ödnis des Zentrums macht er an der Friedrich-Ebert-Straße fest. „Da gab es mal einen Geschenkeladen und auch die Metzgerei Wellert war da“, erinnert er sich wehmütig. Bousonville setzt auf die Stadtgesellschaft, engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich erstmals im April vor Ort trafen, um Ideen für die Zukunft zu entwickeln – nicht zuletzt für die Verkehrsführung im Viertel. Jetzt gelte es, mit den Bürgern im Dialog zu bleiben und diesen mit Handel- und Gewerbetreibenden zu koordinieren. „Vielleicht brauchen wir auch jemanden für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing“, überlegt er laut, „wie etwa in Bruchköbel. Man muss Dinge mal wagen.“
Doch die Stadt ist verschuldet, der aktuelle Haushalt bescherte den Bürgern eine Grundsteuererhöhung. Deshalb müsse man zuerst „Kassensturz“ machen, sagt Bousonville. „Prüfen und transparent machen, wofür wir Geld ausgeben und wo man einsparen kann.“ Auf der Einnahmen-Seite sieht er aber auch Licht am Horizont nach dem Besuch seiner Kreistagsfraktion bei IHK-Geschäftsführer Gunther Quidde. Laut dessen Statistik waren Erlensees Gewerbesteuereinnahmen zuletzt im Aufwind. „Da tut sich was.“
Vom IT-Manager zum Beamten auf Zeit
Vor einem Berufswechsel vom IT-Manager für einen großen Verkehrsdienstleister zum Beamten auf Zeit wäre Bousonville nicht bange. Durch seine Mitgliedschaft im Kreistag kenne er Bürgermeister, Landrat und Kreisbeigeordnete schon lange persönlich. Zudem habe die Stadt ein kompetentes Rathaus-Team, dessen Expertise er nutzen wolle. Fachlichen Austausch kann er auch mit der Frau an seiner Seite pflegen: Monika Kühn-Bousonville ist vielen Erlenseern bekannt als langjährige Grünen-Stadtverordnete, Blühbotschafterin und Mitglied des Kreisausschusses. SABINE MÜLLER